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 Betreff des Beitrags: 100m-Regel bei THW, FEuerwehr etc.
BeitragVerfasst: Sonntag 28. Juli 2024, 10:19 
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Registriert: Mittwoch 6. Oktober 2004, 09:52
Beiträge: 2127
Das hier ist ein Post von mir aus einem Forum und deshalb etwas knapp und speziell. Aber ich will den Inhalt für alle verfügbar machen.






Wie ich schon wiederholt sagte: das Thema hat es in sich, weil da viel Physik rein spielt – ganz davon abgesehen, was irgendwer in irgendeine Norm etc. gegossen hat. Also ich versuche es auch noch einmal einfach und ohne alle Regeln ganz haarklein genau zu nehmen. Denn wichtig ist nicht etwa ein Paragraphenreiter, der irgendwann mal zu einem NEA/SEA-Bediener ausgebildet wurde, sondern jemand, der das erklären kann und ich hoffe, es gelingt mir. Viele schöne Bilder wären nett aber irgendwann habe ich auch was anderes zu tun.
Wir sprechen erst einmal ausschließlich von einem Aggregat, daß jeder Helfer benutzen darf. Das sind die üblichen 8-13KVAs. Im Grunde sind große NEA und SEA auch erst einmal nichts anderes, bis zu dem Punkt, an dem das eben nicht mehr mit Laienwissen beherrschbar ist.
Ein Aggi stellt ein Inselsystem dar. Deshalb kann ein Vogel auf einer Freileitung landen. Es gibt keinen leitenden Kontakt zum Boden/Erde. Das wird als Isolé Terre (isolierte Erde, IT-System) bezeichnet. All das hier, steht eigentlich sehr gut bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/IT-System_(Elektrotechnik).
Der Motor treibt einen Generator, der drei Phasen erzeugt. Das sind drei getrennte Wechselspannungen https://www.energie-lexikon.info/img/drehstrom-u.png. Es gibt keine Erdung. ABER: Ganz irritierend: es gibt einen Potentialausgleich am Aggi. Das kann man mit einem billigen Erdungsspieß verbinden. Dabei werden alle Metallteile des Gerätes mit Erde verbunden – nicht aber der Sternpunkt des Generators. https://florianer-physik.pbworks.com/f/ ... altung.png Der Potentialausgleich sorgt nur dafür, daß man keine gewischt bekommt, wie wenn man über Teppichboden schlürfen würde (Türklinke). Das ist im Grunde nicht wichtig nur nice to have, wenn man will.
Zwischen einer der drei Leitungen und dem Sternpunkt liegen 230V Wechselspannung (Sinusförmig, AC, alternate current), zwischen zwei Leitungen sind es 400V (hat was mit Wurzeln und Sinuskurven zu tun, warum sich das nicht addiert). Deshalb können wir aus einem Generator beide Spannungen entnehmen und weil es drei Leitungen gibt, gibt es drei 230V Schukos aber nur eine 400V Dose (weil man nicht gleichzeitig zwei Leitungspaare für 400V nutzen kann.
Tritt jetzt ein Fehler auf – wobei immer gemeint ist: blanker Draht, dann kann man den Anfassen, weil es keine leitende Verbindung zwischen diesem Kupfer (L1, L2, L3) und dem Sternpunkt gibt. (wir erinnern uns: Potentialausgleich, wenn überhaupt nur Gehäuse). Das Beispiel mit dem Vogel auf der Freileitung: Wir könnten auch in die Steckdose im Haus greifen, wenn wir gleichzeitig in die Luft springen könnten. Beim Aggi müssen wir nicht in die Luft springen, weil das Aggi (im Gegensatz zur Steckdose zu Hause) keine Verbindung zur Erde hat (isolé terre). Wir können bedenkenlos weiter arbeiten und merken nicht einmal, daß ein Fehler vorliegt.
Jetzt wird’s kritisch: Ein zweiter Draht ist Blank. Dummerweise nicht der gleiche, wie zuvor (sagen wir, es war bisher nur L1), sondern ein anderer (L2). Jetzt kann der Strom von L1 durch mich als Leiter zu L2 fließen und es tut weh. Es fließen 400V durch uns. BTW: sollte ein anderer Helfer L2 anpacken und ich L1 passiert gar nichts – bis sich beide Helfer die Hände reichen, weil der Einsatz so erfolgreich war.
Na und dann haben wir da noch den Faktor „Pech gehabt“; Aufgrund von Streukapazitäten ist der Widerstand des Netzes gegen Erde jedoch nicht unendlich, sondern erreicht Widerstandswerte, die im Kiloohmbereich liegen. Das Ganze ist also theoretisch und funktioniert auch ganz gut. Bei Regen im Wasser stehend schlechter.
Zu Hause (da haben wir ein TN-Netz: terre neutre, neutrale Erde) ist die Erde, der Zimmerboden, das Haus über lange, große Erdungsstäbe im Fundament etc. über den Boden mit dem Kraftwerk verbunden. Fasse ich eine Leitung an, fließt der Strom durch mich, der Strom steigt stark an und löst irgendwann (!) die Sicherung in der Wohnung aus. Das passiert nicht beim Aggi, weil ja kein Strom fließt, fasse ich nur einen Leiter an. Die Sicherungsautomaten sind nur zum Schutz der Technik. Wird mehr als 16A per Schukodose abverlangt (zu viele Scheinwerfer über Verteiler), dann löst die Sicherung aus, damit die Leitungen nicht schmelzen etc. Die Sicherungen sind kein Schutz für den Menschen! Deshalb kann man sie auch als Schalter einsetzen (ja, je nach Lehrmeinung aber das ist THW-Gezanke), weil die Technik durchaus nicht so empfindlich ist und es egal ist, ob die Sicherung nun nach 5 Sekunden oder 6 Sekunden zuverlässig trennt – BIS HIERHIN!
Jetzt gibt es noch FI (Fehler, Strom-Einheit „I“) oder Neudeutsch für Beamte, die metrische Gliedermaßstäbe nutzen: Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD, von engl. Residual Current Device). Diese überwachen nicht, wie hoch der Strom ist, sondern prüfen, ob die gleiche Menge Strom, die zum Verbraucher fließt, auch wieder zurückkommt (Strom bleibt gleich, Spannung sinkt – Physik). Gibt es eine Differenz (weil wir einen blanken Draht anfassen und der Strom durch die Erde und nicht durch die zweite Leitung im Kabel zurück fließt), die über ein sehr kleines Maß hinaus geht (ca. 30mA, das ist weniger als eine Taschenlampe braucht), trennen diese. Das geht sehr schnell und schützt aufgrund des sehr kleinen nur erlaubten Fehlerstroms dann wirklich den Menschen. Im Haus ist das vor allem im Badezimmer spannend, damit Fön in Wanne nicht Aua macht. Weil der FI wirklich funktionieren soll – er schützt ja Menschen, ist der nicht als Schalter zu nutzen. Und weil ihm egal ist, wie viel Strom korrekt fließt (also, ob die Technik überlastet wird), ist er immer in Reihe zu einer normalen Sicherung (16A). Und weil die Teile echt praktisch sind und nicht mehr so teuer, sichern sie inzwischen bei neuen Installationen alles im Haus ab. Im Aggi funktioniert das nicht, weil wir ja keine Erdung haben.
Eine Isolationsüberwachung überwacht, ob ein aktiver Leiter eine Verbindung zum Potentialausgleich oder zur Erde hat. Das ist im Grunde ein FI. Im Fehlerfall erfolgt eine Warnung oder eben die Abschaltung. Am Aggi gibt es dazu einen Test-Taster, der einen harmlosen Strom wie bei einem Fehlerfall fließen läßt und dann denn Melder auslöst. Dies muß bei kleineren Geräten (<13KVA?) nicht vorhanden sein.
Kommen wir zur 100m-Regel. Diese soll den Menschen schützen. Es wurde festgelegt, daß bis 50V für den Menschen ungefährlich sind (ergibt sich aus Hautwiderstand, Salzgehalt des Wassers im Körper usw.). Eine höhere Spannung ist im Fehlerfall durch eine Sicherung zu trennen. Der Strom fließt durch eine Kupferader hin zum Verbraucher und durch eine andere zurück. Zusätzlich gibt es die gelb-grüne-Erdungsleitung, die aber in unserem Fall (!) keine Rolle spielt und keinen Schutz herstellt, da sie gar nicht mit dem Generator verbunden ist (Erinnern: keine Verbindung Erde/Potentialausgleich mit Sternpunkt). Der Strom nimmt also den doppelten Weg, wie das Kabel lang ist (50m Roller = 100m Kupferleitung). Ein Leiter stellt immer einen Widerstand dar. Je länger und dünner der Leiter, desto größer ist der Widerstand R. Die Leitungen im Rettungsdienst sind genormt und haben einen einheitlichen Widerstand – weshalb wir keine Fremdkabel nutzen dürfen (billige Kabeltrommel vom Diskounter mit dünnen Leitern).
Wie kann ich jetzt sicherstellen, daß die 50V im Fehlerfall nicht überschritten werden? In dem ich einen so hohen Strom fließen lasse, daß die Standardsicherung auslöst. Dazu muß im Fehlerfall der notwendige Auslösestrom fließen. Je größer der Widerstand, desto kleiner der Stromfluß (Physik). Eine lange Leitung bildet einen Widerstand. Eine längere Leitung einen höheren Widerstand. Mit zunehmender Leitungslänge steigt also der Widerstand und der Strom, der fließen kann (nicht durch eine Maschine, sondern durch den Menschen) sinkt (!). Bsp.: 2x50m (eine Kabeltrommel) = 1,5 Ohm (Ω), 2x2x50m (zwei Trommeln) = 3Ω. Bei 2x50m und einer Spannung von 400V (weil Fehlerfall und wir zwei unterschiedliche Leiter berühren – siehe oben) fließt ein Strom von 266A (ganz grob und ohne auf Details wie Wechselspannung einzugehen: I=U/R, Ohmsches Gesetz https://de.wikipedia.org/wiki/Ohmsches_Gesetz). Bei 2x2x50m (100m Kabellänge, zwei Trommeln, Adern hin und zurück) sind es nur noch 133A.
Was ist aber, wenn wir im Fehlerfall einen Leiter und eine echte Erde berühren (also den Sternpunkt – bzw. zwischen den beiden Leitungen gerade ca. 230V herrschen – das kann der Fall sein, weil ja jeder Leitung eine Sinusspannung liefert, die zueinander versetzt sind: https://www.energie-lexikon.info/img/drehstrom-u.png). Das ist der worst case. Also der schlimmste mögliche Fall, den wir absichern müssen, weil sich ein anderer Strom ergibt, bei dem >50V erreicht werden. Bei 2x50m (eine Trommel) fließen jetzt nur noch 153A und bei 2xx250 sind es nur noch 76A. Hört sich ja eigentlich besser an als 266A. Aber: dem Menschen ist es erst einmal egal, wie hoch der Strom ist. Solange die Spannung nicht 50V überschreitet, fließt gar kein Strom. Das Gefährliche ist also nicht der Strom!
Bei welchem Strom muß also die Sicherung auslösen, damit wir keine von >50V Spannung erreichen? Bei 75A. Sicherheitshalbe lieber etwas früher (auch weil ich hier Rechenungenauigkeiten drin habe, die uninteressant sind). Und da sind wir bei den Standard-Sicherungsautomaten des Aggis: Die sind so genormt, daß Sie bei 50A innerhalb von 0,2 Sekunden auslösen (und bei 16A zum Schutz der Technik irgendwann später). Diese 0,2 Sekunden retten uns den Arsch. Und weil die Sicherung im IT-Netz nun doch auch den Menschen rettet, ist es besser, sie nicht als Schalter zu benutzen, damit die 0,2s garantiert bleiben. Baue ich eine längere Leitung, dann steigt der Widerstand und die Sicherung müßte bei einem kleineren Strom in 0,2 Sekunden auslösen. Das wäre möglich aber kommt dann irgendwann zu nahe an die 16A zum Schutz der Technik und es kommt andauernd zu Fehlauslösungen. Das ganze kann man noch genauer nachrechnen aber so kommt man auf die 100m – zwischen zwei Leitern. Infomaterial: https://www.feuerwehr-lernbar.bayern/fi ... zeuger.pdf , „Prüfung von tragbaren Stromerzeugern nach DIN 14685 Teile 1 – 3 Unterlage für die Befähigte Person Elektro“ irgendwo beim THW
Und zum Schluß: Das gilt alles auch für eine SEA oder NEA, denn die kann ich als IT-System betreiben. Macht aber ggf. keinen Sinn. Wenn ich sie als TN (bzw. genauer als TN-S (terre neutre séparé, separate neutrale Erde) benötige ich eine qualifizierte Erdung. Das ist zwar nur ein Spieß im Boden aber ich muß zwingen nachmessen, ob er gut genug leitend verbunden ist (im Gegensatz zum Potentialausgleich oben)

_________________

:verweis: Alles folgende ist Teil der Antwort und wird oben nicht noch mal explizit wiederholt:

Sieh' in die FAQ! Schaue in die Fahrzeugliste, ob Dein Fahrzeug vorhanden ist. Trage Deine Erfahrungen dort ein und hilf so anderen Nutzern!

Ich freue mich über Infos mit Herstellernummern zu VAG Steuergeräten mit CAN TP 1.6/2.0 oder UDS Protokoll wenn die Pinbelegung (Diagnoseleitungen und Spannungsversorgung) bekannt ist.

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